BAG fragt EuGH: Verjähren Urlaubsansprüche trotz unterlassenem Hinweis auf Verfall?

Urlaubsansprüche

Das BAG hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet zur Klärung der Frage, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub der Verjährung unterliegt, auch wenn der Urlaub aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht verfallen konnte.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 29. September 2020 - 9 AZR 266/20 (A)

 

Sachverhalt
Die Klägerin arbeitet von November 1996 bis Juli 2017 als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin bei dem Beklagten und hatte im Kalenderjahr Anspruch auf 24 Arbeitstage Erholungsurlaub. 2012 bescheinigte der Beklagte der Klägerin, dass der "Resturlaubsanspruch von 76 Tagen aus dem Kalenderjahr 2011 sowie den Vorjahren" am 31. März 2012 nicht verfalle. In den Jahren 2012 bis 2017 gewährte der Beklagte der Klägerin an insgesamt 95 Arbeitstagen Urlaub. Mit der Klage verfolgte die Klägerin die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren. Der Beklagte berief sich darauf, dass die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) abgelaufen sei und erhob die Einrede der Verjährung.

 

Entscheidungen
Das Landesarbeitsgericht hatte eine Verjährung verneint und den Beklagten zur Abgeltung von 76 Urlaubstagen aus den Jahren 2013 bis 2016 verurteilt. Das BAG hielt es hingegen für entscheidungserheblich, ob die nicht erfüllten Urlaubsansprüche der Klägerin aus dem Jahr 2014 und den Vorjahren bei Klageerhebung bereits verjährt waren.

Das BAG verwies dabei darauf, dass die Urlaubsansprüche nicht gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen konnten, da bei unionsrechtskonformer Auslegung dieser Vorschrift der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann (wir berichteten - Link). Diese Obliegenheiten hatte der Beklagte nicht erfüllt.

Vor diesem Hintergrund hat das BAG den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung über die Frage ersucht, ob es mit Unionsrecht im Einklang steht, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen konnte, gemäß § 194 Abs. 1, § 195 BGB der Verjährung unterliegt.

Fazit
Die Einschätzung des EuGH ist höchst praxisrelevant und wird zeigen, ob Arbeitgeber bei unterlassenem Hinweis auf den Urlaubsverfall Gefahr laufen, sich endlos aufgestapelten Urlaubsansprüchen auszusetzen.  


 


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