BAG-Urteil zu außertariflich Beschäftigtem: Geringfügig höheres Entgelt kann genügen

Keine tarifliche Abstandsklausel

Das BAG hat mit Urteil vom 23.10.2024 einem außertariflich Angestellten, dessen Vergütung nicht einmal zwei Euro über dem höchsten Tarifentgelt liegt, einen Anspruch auf ein höheres Entgelt abgesprochen: Es fehle eine tarifliche Abstandsklausel, die einen bestimmten prozentualen Abstand festlegt.

Sachverhalt

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall und seit Juni 2022 auf der Grundlage eines als „außertariflich“ bezeichneten Arbeitsvertrags bei der Beklagten beschäftigt. Im Streitzeitraum Juni 2022 bis Februar 2023 erhielt er eine monatliche Bruttovergütung von 8.212,00 Euro, während das Entgelt in der höchsten tariflichen Entgeltgruppe – hochgerechnet auf 40 Wochenstunden – 8.210,64 Euro brutto betrug. Im Betrieb der Beklagten finden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens Anwendung, von deren persönlichem Geltungsbereich u.a. Beschäftigte ausgenommen sind, deren „geldwerte materielle Arbeitsbedingungen unter Berücksichtigung einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 40 Stunden in einer Gesamtschau diejenigen der höchsten tariflichen Entgeltgruppe regelmäßig überschreiten“.

Nachbesserung tariflicher Bestimmung?

Mit seiner Klage hat der Kläger eine höhere Vergütung beansprucht und herzuleiten versucht, dass ein solches „Überschreiten“ in Anbetracht der prozentualen Abstände zwischen den tariflichen Entgeltgruppen nur angenommen werden könne, wenn das Monatsgehalt des außertariflichen Angestellten 23,45 % über demjenigen der höchsten tariflichen Entgeltgruppe liege. Die Differenz zu seinem Gehalt müsse das Unternehmen ihm nachzahlen.

Entscheidung

Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Der Status als außertariflicher Angestellter begründet einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf eine Vergütung, die einen tarifvertraglich vorgeschriebenen Abstand zur höchsten tariflichen Vergütung wahrt. Die im Streitfall einschlägigen tariflichen Bestimmungen verlangen, dass die geldwerten materiellen Arbeitsbedingungen diejenigen der höchsten tariflichen Entgeltgruppe regelmäßig überschreiten. Das ist beim Kläger der Fall, denn mangels abweichender Festlegungen der Tarifvertragsparteien genügt nach dem eindeutigen Tarifwortlaut jedes – und damit auch ein geringfügiges – Überschreiten des höchsten tariflichen Entgelts. Angesichts dessen verbietet sich eine ergänzende Tarifauslegung wie sie dem Kläger vorschwebt.

Fazit: Tarifautonomie verbietet „Nachbessern“

Wollen die Tarifvertragsparteien einen bestimmten prozentualen Abstand zwischen dem höchsten Tarifentgelt und dem Entgelt außertariflicher Beschäftigter, müssen sie eine entsprechende tarifliche Abstandsklausel hinreichend klar und deutlich in den Tarifvertrag aufnehmen. Die von Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Tarifautonomie verbietet ein „Nachbessern“ tariflicher Bestimmungen durch die Gerichte zugunsten der einen oder anderen Seite.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Oktober 2024 – 5 AZR 82/24 (Pressemitteilung)


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